7.8.2024
"New Orleans" - Das Interview mit Werner Pawlok
New Orleans ist weltweit als die „Wiege des Jazz“ bekannt. Die pulsierende Metropole am Mississippi hat aber noch mehr zu bieten, angefangen mit ihrer Esskultur, bis hin zu ihrer Street Art und der farbenfrohen Architektur. Geprägt durch die Kolonialzeit ist New Orleans sehr vielfältig und facettenreich. Der Fotograf Werner Pawlok zeigt in seinem Bildband „New Orleans“ die Einzigartigkeit dieser Stadt und ihre Geschichten mit bildgewaltigen Fotografien. Er nimmt die vielfältige Atmosphäre auf und lässt sie in seine unkonventionellen Fotografien zum Leben erwecken. Auf seiner Reise ist er vielen Menschen begegnet und hat viele Geschichten erlebt, die in seinem Coffee Table Book mit viel Liebe zum Detail eingefangen hat. Wir sprachen mit ihm über sein Interesse an der Stadt New Orleans, die Menschen, die dort leben und über die besondere Stellung des Jazz.
teNeues:
Haben Sie einen persönlichen Bezug zu New Orleans?
Werner Pawlok:
Nachdem ich bereits Bücher über Havana und Venedig veröffentlichte, lag es für mich nahe, eine weitere, besondere Stadt am Wasser fotografisch zu ergründen. Die einzigartige kulturelle Mischung von New Orleans haben mich sehr angezogen. Eine Stadt mit einer reichen Geschichte, kulturellem Erbe und exotischer Mischung aus afrikanischen, europäischen und karibischen Einflüssen macht sie zu einem faszinierenden Thema.
Wir sind nach New Orleans gereist ohne einen Menschen vor Ort zu kennen, jedoch in positiver Erwartung, dies zu ändern. Und so kam es auch. Wir haben relativ schnell Kontakt zu Menschen bekommen, die uns bei unserem Projekt sehr unterstützt haben. Unsere Begeisterung für New Orleans verdanken wir maßgeblich dem Austausch mit diesen drei Menschen aus dem House of Blues, die unsere Freunde wurden:
Zunächst Erika und Nathan Winowich, beide Köche im Foundation Room des House of Blues. Soul Food gehört zum Konzept des Veranstalters, dessen Gründung Anfang der 1990er Jahre eine Reminiszenz an den legendären Film Blues Brothers war. Der Foundation Room war unsere Anlaufstelle, wenn wir uns nach einem arbeitsreichen Tag abends beim Essen entspannen wollten. Durch die beiden Köche lernten wir Dwight Joseph Payne Sr. kennen, den alle Welt nur Mr. Dwight nannte. Er war der VIP Direktor des House of Blues, der in seiner langjährigen Tätigkeit für das Haus all die Musiker zu Gast hatte, die den Sound of the South zu einer der berühmtesten Musikrichtungen der Welt gemacht haben. Sie haben uns die Stadt entscheidend näher gebracht. Unser Interview mit Mr. Dwight war eine der markanten Säulen bei der Entstehung des Buches.
teNeues:
New Orleans ist ja nicht nur das French Quarter, sondern ein bedeutender Hafen am Mississippi und auch ein wichtiges Industriezentrum im Süden der USA, wie wirkt sich das aus?
Werner Pawlok:
Ja, das ist absolut richtig! New Orleans ist nicht nur bekannt für sein charmantes Französisches Viertel und seine lebendige Musikszene, sondern auch als wichtiger Hafen und industrieller Knotenpunkt in den Süden der USA. Diese vielfältigen Aspekte haben einen bedeutenden Einfluss auf die Stadt und ihre Wirtschaft.
Der Hafen von New Orleans ist einer der größten und wichtigsten des Landes, was bedeutet, dass er ein wichtiger Standort für den Handel mit Gütern wie Öl, Chemikalien, Getreide und anderen Waren ist. Dies bringt viele Arbeitsplätze und wirtschaftliche Aktivitäten in die Region. Die Nähe zum Mississippi River und die Zufahrt zum Golf von Mexiko machen New Orleans zu einem wichtigen Versorgungszentrum für die gesamte Südregion der USA. Durch die Mischung aus Hafen-, Industrie- und Tourismuswirtschaft wird New Orleans zu einer einzigartigen Stadt, die eine Vielzahl an Wirtschaftssektoren und Aktivitäten umfasst. Dies hat auch Auswirkungen auf die soziale Struktur und Kultur der Stadt, da Menschen aus verschiedenen Hintergründen und Berufen zusammengeführt werden.
Insgesamt ist New Orleans ein wichtiger Standort für die Wirtschaft der USA, insbesondere im Süden des Landes. Die Mischung aus Traditionen, Kultur und wirtschaftlicher Bedeutung macht die Stadt zu einem einzigartigen Ort.
teNeues:
Können Sie etwas über die Besonderheiten der Südstaaten sagen?
Was spürt man noch heute?
Werner Pawlok:
Die Südstaaten der USA sind eine Region mit einer einzigartigen Geschichte, Kultur und Identität. Sie sind auch bekannt für ihre warme und freundliche Atmosphäre, ihre lebendige Musikszene, ihre reiche Kulinarik und ihre besondere Architektur. Hier sind einige Besonderheiten, die man heute noch spürt:
Die Südstaaten haben eine dunkle Geschichte der Sklaverei und des Rassismus, die bis heute Spuren im kollektiven Gedächtnis der Menschen hinterlassen hat. Es gibt viele Denkmäler und Museen, die diese Geschichte aufzeigen und die Menschen daran erinnern, dass die Sklaverei und der Rassismus nicht vergessen werden sollten.
Sie sind Heimat vieler einzigartiger Kulturtraditionen, wie zum Beispiel der Zydeco-Musik, dem Blues und dem Jazz und haben eine reiche Musiktradition, die von Blues, Gospel, Jazz, Country und Rock and Roll bis hin zu modernen Genres wie Hip-Hop und R&B reicht.
Auch die reiche Kulinarik, die von traditionellen Gerichten wie Gumbo, Jambalaya, Fried Chicken und Biscuits and Gravy bis hin zu modernen Fusion-Gerichten reicht.
Sie sind Heimat von vielen einzigartigen Architekturstilen, wie zum Beispiel dem Antebellum-Stil, dem Greek Revival-Stil und dem Art Deco-Stil.
Insgesamt kann man sagen, dass die Südstaaten eine einzigartige Region mit einer eigenen Identität sind, die sich durch ihre Geschichte, Kultur und Traditionen auszeichnet.
teNeues:
Musik spielt im Süden der USA generell eine riesige Rolle - Nashville, Memphis und so weiter - was macht New Orleans zum Zentrum des Jazz?
Werner Pawlok:
Der Süden der USA ist ein Reiseland für Musikfans: Es ist die Wiege des Blues, dem Sound der afroamerikanischen Bevölkerung, dessen Bedeutung für die Entwicklung moderner Musikstile kaum zu überschätzen ist. Entstanden ist der Blues im frühen 20. Jahrhundert auf den Plantagen im Mississippi-Delta, und uns erschien es deshalb sinnvoll, unser New-Orleans-Projekt nicht am Zielort zu beginnen, sondern zunächst die Südstaaten anzusteuern, eben auf den Spuren des Blues.
New Orleans ist bekannt für seine herausragende Musiktradition, insbesondere im Bereich des Jazz. Der Jazz entstand in den 1920er Jahren in New Orleans als ein hybrider Musikstil, der aus verschiedenen afrikanischen und europäischen Traditionen wie dem Blues, der Ragtime, dem Gospel und dem Dixieland-Musik stammte. New Orleans war damals eine wichtige Hafenstadt, die viele Migranten aus verschiedenen Teilen der Welt anzog, was die Begegnung von verschiedenen Musiktraditionen und Kulturen förderte.
Diese Faktoren trugen dazu bei, dass New Orleans zum Zentrum des Jazz wurde:
Die afroamerikanische Musiktraditionen: Die Sklaven aus Westafrika brachten ihre eigenen Musiktraditionen mit, wie zum Beispiel die Yoruba-Musik aus Nigeria. Diese Traditionen entwickelten sich im Süden der USA und bestimmten das kulturelle Erbe von New Orleans.
Die europäischen Einwanderer, insbesondere die Franzosen und Italiener, brachten ihre eigenen Musiktraditionen mit, wie zum Beispiel die Marschmusik und die Oper. Diese Einflüsse mischten sich mit den afroamerikanischen Traditionen und führten zu einer einzigartigen Musikstilistik.
Der Jazz entwickelte sich auch durch die Improvisationskünste von afroamerikanischen Musikern. Diese Improvisationskünste ermöglichten es den Musikern, neue Melodien und Harmonien zu schaffen, die sich von anderen Musikstilen abhoben.
In New Orleans gab es mehrere Faktoren, die den Jazz förderten:
Die Kreolen waren die Abkömmlinge von französischen Kolonisten und afrikanischen Sklaven. Sie spielten eine wichtige Rolle in der Entwicklung des Jazz und schufen eine Brücke zwischen den europäischen und afroamerikanischen Musiktraditionen.
Die Hot Five: Die Hot Five war ein Jazz-Orchester, das von Louis Armstrong gegründet wurde. Sie waren eines der ersten Orchester, die den Jazz aufnahmen und ihn zu einem weltweiten Phänomen machten.
Insgesamt war New Orleans ein idealer Ort für die Entwicklung des Jazz, da die Stadt eine Mischung aus afrikanischen, europäischen und lateinamerikanischen Kulturen aufwies. Dieser spezielle Mix von Kulturen und Traditionen hat den Jazz in New Orleans zu einer einzigartigen Musikstilistik entwickelt.
Vielen Dank für dieses Interview, Werner Pawlok.
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